Utopiecafe

Utopiecafe

Wie stellen wir uns die “ideale” Gesellschaft vor? Wie gehen wir miteinander um, wenn wir die Exklusionsgesellschaft überwunden haben? Wie können wir unser Essen produzieren, ohne die Böden zugrunde zu richten? Wie wollen wir wohnen, wenn sich die Kleinfamilie aufgelöst hat? Fragen über Fragen, heute gibt es keine Grenzen, und wir denken ohne Zwang der aktuellen Realität das Unmögliche! Lasst uns zusammen träumen.

Diese Veranstaltung findet am 02.07.2019 von 17 bis 19 Uhr im Black Pigeon (Scharnhorststraße 50) statt.

Diskussionsbeitrag

Die „Fridays for Future“, die „Klimawahl“ und die Zukunft des „grünen“ Kapitalismus

– einige strategische Überlegungen

Die Anarchistische Gruppe Dortmund hat sich an den örtlichen Fridays-for-Future-Demos von Anfang an beteiligt. Wir haben versucht, Ideen und Impulse in die Bewegung zu tragen und dort Kompliz*innen zu finden. Im Folgenden sollen unser Engagement sowie der Charakter der Bewegung selbst beurteilt, sowie einige Schlussfolgerungen bezüglich unserer künftigen Aufgaben gezogen werden.

Unsere Interventionen auf den Fridays-for-Future-Demos

Bei fast allen Dortmunder FFF-Demos liefen Leute aus unserer Gruppe oder aus unserem Umfeld mit, trugen Transparente und Fahnen, verteilten Flyer zu unterschiedlichen Themen und diskutierten mit anderen Demoteilnehmer*innen. Wir unterstützten die Bewegung auch logistisch, indem wir eine Lautsprecheranlage zur Verfügung stellten. Im Februar veröffentlichten wir ein Flugblatt zu den Klimastreiks, das an mehreren Freitagen verteilt wurde. Wir argumentierten dort unter anderem, dass die Bewegung eine antikapitalistische Ausrichtung annehmen, sich von allen Hoffnungen auf Politiker*innen und den Staat freimachen und konsequent auf Selbstorganisation setzen müsse. Außerdem verteilten wir kleine Handzettel mit jeweils einer These oder Frage, die unter dem Motto „#wassagstdudazu?“ niedrigschwellig zum Nachdenken anregen sollten. Dabei war es uns wichtig, die Bewegung nicht zu vereinnahmen, sondern auf Augenhöhe mit anderen Leuten ins Gespräch zu kommen. Deshalb verzichteten wir – als Gruppe, in der zur Zeit kaum Schüler*innen aktiv sind – z.B. bewusst darauf, bei den Demos Redebeiträge zu halten.

Unsere Bemühungen waren durchaus erfolgreich: Wir kamen mit verschiedenen Leuten in Kontakt, die teilweise bereits von sich aus mit dem Anarchismus sympathisierten. Zu einem anarchistischen Kennenlerntreffen kamen über 20 Menschen; mit einigen von ihnen entwickelte sich eine dauerhafte Kooperation.

Die „Klimawahl“ und der Charakter der Bewegung

Zugleich müssen wir uns eingestehen, dass es uns nicht gelungen ist, den Charakter der Bewegung insgesamt entscheidend zu beeinflussen. Das gilt nicht nur für Dortmund: Die tonangebenden Leute innerhalb der bundesweiten FFF-Koordination erklärten die Europawahl Ende Mai zur „Klimawahl“ und riefen mit Slogans wie „voteforclimate“ zur Wahl von Parteien auf, die versprechen, sich für den Klimaschutz einzusetzen. Führende Medien griffen diese Kampagne auf und unterstützten sie. Nicht zuletzt dank dieser außerparlamentarischen Unterstützung konnten die deutschen Grünen am 26. Mai ein für sie traumhaftes Ergebnis von 20,5% einfahren. Weit entfernt davon, sich zu einer antikapitalistischen und staatskritischen Kraft zu entwickeln, haben sich die Klimastreikenden vielmehr faktisch als Wahlhelfer*innen für eine bestimmte Fraktion der herrschenden Klasse erwiesen.

Das heißt nicht, dass wir versagt hätten: Wir haben getan, was wir konnten. In anderen Städten haben andere radikale Kräfte ähnliche Initiativen gestartet, aber insgesamt sind wir noch viel zu schwach, um gegen große gesellschaftliche Trends etwas auszurichten.

Es ist auch nicht so, dass bei den Freitagsdemos eine rebellische Basis von einer reaktionären Führung verraten worden wäre, oder dass die grüne Partei durch massive Intervention die Bewegung auf ihre Linie gebracht hätte. Solche Beinflussungsversuche hat es sicherlich gegeben; nicht umsonst fanden die lokalen Organisationstreffen für die Fridays for Future bald nicht mehr im altlinken Taranta Babu, sondern im Büro der Dortmunder Grünen statt. Aber das war nicht das Entscheidende: vielmehr war die Bewegung selbst von Anfang an relativ konformistisch. Einer ihrer Hauptslogans: „Wir streiken, bis ihr handelt“, bringt dies gut zum Ausdruck. Mit „ihr“ sind natürlich die politischen Entscheidungsträger*innen gemeint. Obwohl von der Aktionsform selbstorganisiert, sind die Streikenden in ihren Köpfen noch weitgehend der Stellvertreter*innenpolitik verhaftet. Auch in ihrer Praxis auf der Straße zeigt sich, dass die Freitagsdemontrant*innen ausgesprochen legalistisch und viel weniger zu Regelübertretungen aufgelegt sind als beispielsweise die Bildungsstreikbewegung vor zehn Jahren. So wurden etwa bei einer Dortmunder Fridays-for-Future-Demo spontan angebrachte Kreidezeichnungen auf dem Asphalt nach einfacher Aufforderung der Polizei umstandslos wieder entfernt, obwohl es unseres Wissens kein Gesetz gibt, das das Bemalen öffentlicher Straßen mit Kreide verbietet. Insgesamt zeigt sich hier einmal mehr, dass spontane Bewegungen in der Regel dazu tendieren, den herrschenden Zeitgeist zu reproduzieren und dass es konzentrierter, kollektiver Anstrengungen durch bewusstere Kräfte innerhalb oder auch außerhalb solcher Bewegungen bedarf, um daran etwas zu ändern.

Grüner“ Kapitalismus oder soziale Revolution?

Was bedeuten diese Erfahrungen für unsere künftige Praxis? Wir – Anarchist*innen, freiheitliche Kommunist*innen und andere Antiautoritäre – sollten uns daran gewöhnen, die grüne Partei sowie deren Milieu und Ideologie als einen Hauptgegner unserer politischen Bemühungen zu erkennen und anzugreifen. Zumindest hierzulande stellt dieses Spektrum die Avantgarde des modernen Kapitalismus dar. Es vertritt eine Kapitalfraktion, die erkannt hat, dass es angesichts der von der kapitalistischen Produktionsweise hervorgerufenen Zerstörung unserer natürlichen Lebensgrundlagen einschneidender gesellschaftlicher Veränderungen bedarf. Veränderungen, die wohlgemerkt zu dem Zweck durchgeführt werden sollen, diese Produktionsweise auch künftig aufrecht zu erhalten. Diese Kapitalfraktion träumt davon, ihre „grünen“ Technologien gewinnbringend in alle Welt zu exportieren. Natürlich wird der „grüne“ Kapitalismus immer nur so „grün“ sein, wie es mit den Interessen der Konzerne vereinbar ist. Natürlich wird er versuchen, die Lohnabhängigen die Kosten für den gesellschaftlichen Umbau tragen zu lassen und die Unternehmen zu entlasten. Prototypisch dafür ist die geplante Erhöhung der Mineralölsteuer, die der französische Präsident Macron zur Finanzierung der Energiewende einführen wollte, wobei er gleichzeitig die Vermögenssteuer abschaffte. Und natürlich wird auch ein „grüner“ Kapitalismus nicht auf autoritäre und gewaltsame Maßnahmen zur Aufrechterhaltung der bestehenden Verhältnisse verzichten können. Die Grüne Jugend mag in ihren Wahlkampfbroschüren schreiben, dass „jeder Tote im Mittelmeer […] der Lieblingsmensch eines anderen“ war und zur „Seenotrettung“ aufrufen, aber es ist klar, dass das nur billiger Reklamekitsch ist, weil auch ein künftiger grüner Bundeskanzler die Festung Europa nicht einreißen wird. Bereits vor zwanzig Jahren hat ein grüner Außenminister den ersten deutschen Angriffskrieg seit 1945 mitverantwortet. Solche Widersprüche zwischen ökologischen, humanistischen und pazifistischen Idealen und tatsächlicher grüner Politik müssen wir herausarbeiten und in der öffentlichen Auseinandersetzung deutlich machen.

Aber auch die grüne Ideologie selbst sollten wir genauer unter die Lupe nehmen. Neben dem Apell an die Politik, doch „endlich zu handeln“, ist die Vorstellung weit verbreitet, „wir alle“ seien irgendwie „schuld am Klimawandel“ und müssten daher individuell „etwas ändern“. Der Manager, die Fabrikarbeiterin und der Obdachlose sollen also gleichermaßen ein schlechtes Gewissen wegen ihres klimaschädlichen Lebenswandels haben und ihre Konsumgewohnheiten umkrempeln. So könnten wir nach dieser Vorstellung den Planeten retten, ohne an den bestehenden Hierarchien und Eigentumsverhältnissen etwas zu ändern. – Diese Ideologie dient vor allem dazu, den Klassencharakter des Verhältnisses zur Natur zu verschleiern. Nicht individuelle Verhaltensänderungen, sondern einzig die Umwälzung der gesellschaftlichen Verhältnisse kann letztlich die sich beschleunigende Umweltkatastrophe stoppen. Der Kampf gegen die Lohnarbeit und für die Aneignung der Produktion ist derselbe Kampf, der uns erst die Mittel in die Hand gibt, um kollektiv und in großem Stil andere Umgangsweisen mit der Natur zu erproben. – Solche Einsichten verhindert die „grüne“ Weltanschauung. Nebenbei ist die moralisch aufgeladene Rede vom Verzicht, den „wir alle“ zur Rettung des Weltklimas leisten müssten, auch gut geeignet, um Verschlechterungen der Lebensbedingungen der Bevölkerung zu rechtfertigen und aufkeimenden Protest als „klimafeindlichen Egoismus“ abzukanzeln.

Was die Auseinandersetzung mit der grünen Ideologie für uns so wichtig macht, ist nicht zuletzt die Tatsache, dass ihre Protagonist*innen häufig in den selben sozialen Bewegungen aktiv sind, in denen auch wir mitmischen und unsere Ideen verbreiten wollen. Dies gilt nicht nur für die Fridays for Future, sondern beispielsweise auch für antifaschistische Mobilisierungen. Der Kampf der Ideen innerhalb solcher Bewegungen muss offensiv geführt werden und darf nicht zugunsten einer falschen Einheit für „das gemeinsame Anliegen“ hintangestellt werden. Zu oft herrscht auch in unseren Kreisen die unausgesprochene Annahme, die grüne Partei, Greenpeace und artverwandte Kräfte wollten im Grunde dasselbe wie wir, nur eben etwas weniger konsequent und radikal. In Wirklichkeit gibt es kein „gemeinsames Anliegen“: wir wollen die bestehende Gesellschaftsordnung abschaffen, sie wollen sie bewahren, indem sie ihr einen grünen Anstrich verleihen. Dies gilt in dieser Klarheit zumindest für die aktiven Kader der genannten Organisationen. Die Masse der Jugendlichen, die jetzt neu in den politischen Aktivismus eintreten, ist in ihrer Orientierung alles andere als klar und festgelegt – mit diesen Leuten müssen wir ins Gespräch kommen. Dafür ist es notwendig, dass wir unsere eigenen Analysen schärfen, um die gegenwärtige Situation und ihre Kräfteverhältnisse besser zu verstehen. Dieser Text ist ein erster kleiner Beitrag zu solchen Bemühungen.

Anarchistische Gruppe Dortmund, im Juni 2019

Nach dem Parkfest

Parkfest

Das anarchistische Parkfest ist vorbei und wir können von einem wirklich gelungenem Tag sprechen. Nachdem sich gegen 13 Uhr das schlechte Wetter verabschiedete, kamen immer mehr Menschen im Blücherpark zusammen. Über den Tag gab es dann mehrere Auftritte verschiedener Musiker*innen und einen Kurzvortrag zu anarchistischer Geschichte. Ausserdem haben sich zwischendurch einige der rund 20 anwesenden Stände und Initiativen vorgestellt.
Neben dem kulturellen Angebot war auch eine große Essensauswahl vorhanden, so wurden unter anderem Chili sin Carne, Crepes und Schnitzelbrötchen angeboten.
Natürlich waren auch wieder zahlreichen Kinder da, denen auch einiges geboten wurde. Neben der beliebten und gerne gestürmten Hüpfburg gab es noch Kinderschminken, Slackline, Torwand, Fussballfeld, Seifenblasen und eine Hafenrallye.
Zum Schluss möchten uns bei allen bedanken die in irgendeiner Form am Parkfest mitgewirkt haben, Ihr habt dazu beigetragen das es ein wirklich schöner Tag geworden ist. Auch freuen wir uns, das wieder soviele Besucher*innen zum Parkfest gekommen sind. In den nächsten Tagen folgen noch eine Fotoreihe und ein kurzes Video zum Parkfest.

Letzte Infos zum Anarchistischen Parkfest

Parkfest

++ Letzte Infos zum Anarchistischen Parkfest 2019 ++

Morgen findet von 12 bis 20 Uhr das Anarchistisches Parkfest in Dortmund 2019 statt. In diesem Jahr werden über 20 verschiedene Vereine, Gruppen, Initiativen und Einzelpersonen am Parkfest mitwirken und sich dort präsentieren. Eine genaue Übersicht der Stände und Musiker*innen findet sich auf agdo.blackblogs.org/parkfest. Für Kinder wird es unter anderem eine Hüpfburg und verschiedene kleinere Angebote geben. Zudem wird es ein vielfältiges Angebot an Essen und Getränken geben (gegen Spende).

Das Black Pigeon (Scharnhorstraße 50) ist während des Parkfestes durchgehend geöffnet. Dort besteht auch die Möglichkeit auf die Toilette zu gehen. Zudem gibt es im Pigeon einen Rückzugsraum, für Menschen denen es nicht gut geht. Diesbezüglich sind auf dem Parkfest auch Awarnessmenschen erreichbar.

Für alle weiteren Fragen und Anliegen sind während des Parkfestes auch Ordner*innen ansprechbar.

Nach dem Parkfest hat dann übrigens der Nordpol (Münsterstraße 99) geöffnet, sicher eine interessante Option für alle die noch etwas unternehmen möchten.

Wir freuen uns sehr, mit Euch ein lebendiges und buntes anarchistisches Parkfest feiern zu dürfen!
Bis Samstag!

PS: Das Fest findet auch bei schlechtem Wetter statt

Anarchistisches Parkfest

Parkfest

Am kommenden Samstag (15.6.) steigt ab 12 Uhr das diesjährige Anarchistische Parkfest im Dortmunder Blücherpark.

Neben einem großen Kulturellem Angebot wird es auch (überwiegend veganes) Essen und Getränke geben. Ausserdem wird es eine Hüpfburg und weitere kleinere Angebote für die Kinder geben.

Weitere Infos unter: www.agdo.blackblogs.org/parkfest

Wir sehen uns!

agdotag

++ Veranstaltungen im Juni ++

Gedöns & Kokolores (vormals AGDO-Tag) heißt unsere Veranstaltungsreihe, bei der wir jeden Dienstag von 17-19 Uhr mit Programm das Black Pigeon bespielen werden. Auch wenn der Name es vermuten lässt, soll dabei nicht nur Unsinn herumkommen. Ganz im Gegenteil versuchen wir, ansprechende Veranstaltungen anzubieten:

4.6. Macht im Alltag
Wie und wo betrifft dich Macht im Alltag? Gibt es Situationen, in denen du selbst Macht ausübst? Macht ist allgegenwärtig und wir als Anarchist*innen wollen uns damit auseinandersetzen wie wir in die Machtstrukturen eingewoben sind und was für Handlungsmöglichkeiten wir haben, um diese Strukturen in unseren Alltäglichen Beziehungen abzu bauen. Wenn du Lust hast komm doch auch vorbei und teile deine Erfahrungen.

11.6. Liederabend
Heute machen wir uns einen Entspannten. Wir setzen uns zusammen, grillen gemeinsam, werden lecker essen und Lieder singen. Wir haben dafür einige Noten- und Textblätter vorbereitet, und es werden unter uns auch einige sein, die mit Singen noch nicht so viel Erfahrung haben. Deswegen keine Angst, das wird sicher spaßig 🙂 Komm vorbei, und bringe wenn du willst noch etwas zum grillen mit.

18.6. Einführung in den Anarchismus
Was ist eigentlich diese Anarchie? Was macht eigentlich die anarchistische Gruppe in Dortmund? Und kann ich mich dort organisieren? Am 18.6 ab 17:00 Uhr geben wir eine kurze Vorstellung von anarchistischen Prinzipien, und dem Anarchismus an sich – der einzigen sozialen Bewegung, welche die vollständige Befreiung aller Lebewesen will. Komm doch vorbei, die Veranstaltung ist sehr gut geeignet für Menschen die in ungezwungener Atmosphäre einen Einstieg in das Thema Herrschaftsfreiheit haben wollen.

25.6. Dokufilm: Geschichte der Verfolgung und Stigmatisierung sog. Asozialer im Nationalsozialismus
Der Dokumentarfilm „…dass das heute noch immer so ist – Kontinuitäten der Ausgrenzung“ schildert exemplarisch die Geschichte von Verfolgung und Stigmatisierung sogenannter Asozialer im Nationalsozialismus. Maria Potrzeba wurde vorgeworfen, eine sexuelle Beziehung zu dem polnischen Zwangsarbeiter Florian Spionska zu haben. Sie war zu diesem Zeitpunkt 14 Jahre alt. Nach einem Verhör durch die Gestapo wurde sie in das Jugendkonzentrationslager Uckermark eingeliefert. Florian Spionska wurde öffentlich gehängt. Maria leidet bis heute unter der Verfolgung. Wie in allen Familien gibt es auch in ihrer Familie generationsübergreifende Auswirkungen der Verfolgungsgeschichte. Nichten und Neffen berichten, wie sie von der Verfolgung ihrer Tante erfahren haben und was diese Geschichte für sie bedeutet. Ein Film der Initiative für einen Gedenkort ehemaliges KZ Uckermark e.V. in Kooperation mit der Österreichischen Lagergemeinschaft www.film-kontinuitaeten-heutenoch.de/

Videos zur anarchistischen 1. Mai Demonstration

In den letzten Tagen haben wir zwei Videos zur diesjährigen Anarchistischen 1. Mai Demonstration veröffentlicht.

Das erste Video welches wir veröffentlicht haben, zeigt kurze Ausschnitte der Demo von Anfang bis Ende:

Im zweiten Video ist der Auftritt unserer Wahlkampfkandidatin Niemand zu sehen. Sie spricht in ihrer Rede über Dortmund, Nachhaltigkeit, Freiheit, Sicherheit, Verantwortung und Europa. Aber seht selbst:

Bericht

Das war der anarchistische 1. Mai 2019 in Dortmund und Essen

fronttransparent 1. mai 19

Der 1. Mai fing dieses Jahr damit an, dass wir uns gemeinsam mit unseren Freund*innen von der Gruppe K und der Anarchistischen Gruppe Essen an einer Intervention auf der offiziellen Gewerkschaftsdemo in Essen beteiligten. Mit einem lautstarken Block kritisierten wir die Politik der Sozialpartnerschaft der DGB-Gewerkschaften, die darauf abzielt, die Lohnabhängigen mit ihrer Ausbeutung durch die Konzerne zu versöhnen. Die Aktion war ein Highlight auf der ansonsten langweiligen Latschdemo und hat es so auch in die Zeitung neues deutschland geschafft.

Gegen Abend ging es dann weiter mit unserer eigenen anarchistischen Demo, die mit einer Kundgebung im Dortmunder Westpark begann. Der fulminante Auftakt war eine Rede von Niemand, unserer Kandidatin für die Europawahl. Begrüßt von einer begeisterten Menge, die “Niemand! – Niemand! – Niemand!” skandierte, bahnte sich die Spitzenpolitikerin ihren Weg zum Mikro und hielt eine Rede von beachtlicher Ausgefeiltheit und Komplexität. Sie endete mit der ebenso schlichten wie einleuchtenden Wahrheit: „Erst wenn ich – also Niemand – regiere, werden wir alle frei sein!“ Daher nicht vergessen: Am 26. Mai Niemand wählen! Niemands Rede wurden von den Umstehenden sehr belustigt aufgenommen und konnte uns von Anfang an Sympathien sichern.

Weiter ging es mit einem Redebeitrag der Anarchistischen Gruppe Dortmund. Hierauf folgte eine sehr kämpferische Rede der neuen anarchokommunistischen Organisation Die Plattform. In ihr wurde darauf hingewiesen, dass wir nach wie vor in einer Klassengesellschaft leben. Die Rede endete mit einem Aufruf zur sozialen Revolution. Außerdem sprach Bernd Drücke von der Zeitschrift Graswurzelrevolution, der uns heutigen Aktivist*innen Mut machte, indem er an die Geschichte der anarchistischen Bewegung erinnerte, die in dieser Stadt Anfang des 20. Jahrhunderts tausende Arbeiter*innen organisierte. Von diesem Niveau sind wir heute natürlich weit entfernt, aber der Aufschwung anarchistischer Aktivitäten der letzten Jahre gibt durchaus Hoffnung auf bessere Zeiten! Eine kleine Anekdote mag dies verdeutlichen: Einige Jugendliche, die durch den Park radelten, riefen mit Blick auf unsere Versammlung spontan: „Black Pigeon ist cool!“ – Diese Assoziation von der Kundgebung mit ihren Fahnen und Transparenten auf das anarchistische Kulturzentrum sagt einiges über die Präsenz aus, die wir mittlerweile im Kiez haben.

Nach der Kundgebung formierte sich der Demozug von rund 300 Menschen zum Loslaufen. Schon auf den ersten Metern wurde die Demo zweimal angehalten, weil sich Menschen etwas stärker vermummt hatten, als es die Polizei Dortmund erlaubt. Des Weiteren wurde aus Glasflaschen getrunken. Das war der Anfang einer Reihe von Schikanen durch die Polizei, die sich durch den ganzen Demonstrationsverlauf zog.

Anlässlich der Europawahlen stand unsere Demo dieses Jahr unter dem Motto: „Klassenkampf statt Wahlspektakel“, das auch auf unserem Fronttransparent zu lesen war. Dadurch sowie durch zahlreiche andere Transparente, Sprechchöre und Flugblätter verliehen wir unserer Überzeugung Ausdruck, dass grundsätzliche gesellschaftliche Veränderungen nicht durch irgendwelche Stellvertreter*innen im Parlament erreicht werden können, sondern durch kollektive und selbstorganisierte Kämpfe der Ausgebeuteten und Unterdrückten.

Über die Unionstraße zog die Demonstration zur Fußgängerzone des Westenhellwegs, die allerdings aufgrund des Feiertags weitgehend menschenleer war. Dort wurde der Zug ein weiteres Mal von der Polizei gestoppt, ohne dass ein Grund erkennbar war. Im Zuge dessen wurden auch zwei Menschen aus der Demo gezogen, vermutlich wegen eines Aufnähers. Leider ging dieser Vorfall etwas unter und aufgrund von Kommunikationsproblemen wartete die Demo nicht auf die beiden.

Die Zwischenkundgebung fand direkt vor dem Hauptbahnhof statt, was der Rede der Anarchistischen Gruppe Essen sehr viel Aufmerksamkeit bescherte. Generell wurden hier auch viele Flyer zur “Wähle Niemand”-Kampagne verteilt, die von einigen Passant*innen mit Interesse aufgenommen wurden.

Danach zogen wir weiter in die Nordstadt. Auf der belebten Schützenstraße kam es zu einem weiteren unfreiwilligen Stopp. Die Polizei nahm die Personalien von zwei Leuten auf, weil auf ihren Jacken das Kürzel „ACAB“ stand, das bei böswilliger Interpretation als Beamtenbeleidigung aufgefasst werden kann. Diesmal wartete der Demonstrationszug, bis die beiden wieder freigelassen wurden. Dabei gab es solidarische Rufe von Menschen, die vor einem Café auf der Straße standen. Vereinzelt wurde jedoch auch in provokativer Absicht der Gruß der faschistischen Grauen Wölfe gezeigt.

Anschließend zogen wir in etwas engerer Marschordnung weiter und erreichten wenig später ohne weitere Zwischenfälle das Black Pigeon als Endpunkt der Demo. Dort wurden weitere Reden der FAU-Gruppe Bochum, der Schwarzen Ruhr Uni, von einem anarchistischen Tierbefreiungsaktivisten sowie einer Aktivistin des Black Pigeon Kollektivs gehalten. Wer wollte, konnte den Abend mit geselligem Miteinander mit Gulaschsuppe und Musik von Michel B., Trio Randale und dem Georgie Kollektiv ausklingen lassen.

Insgesamt fällt auf, dass die Polizei diesmal an vielen Stellen recht gereizt reagierte, obwohl die Demo im Grunde wenig Anlass zur Beanstandung bot. Dies kann im Einzelfall an Zufälligkeiten wie einer besonders pingeligen Einsatzleitung liegen. Der allgemeinere Grund ist jedoch, dass die Existenz von Menschen, die offen die Abschaffung des Staates und des Eigentums propagieren, für die Verteidiger*innen des Bestehenden an sich schon einen Skandal darstellt. Die Staatsmacht weiß auch, dass die Verbindung solcher Elemente mit anderen unzufriedenen Teilen der Bevölkerung schnell zu einer explosiven Situation führen kann, wie etwa jüngst bei der Gelbwestenbewegung in Frankreich. Die Schikanen sollen uns daher von vornherein Grenzen aufzeigen und uns einschüchtern.

In dem Maße, wie unsere Bewegung stärker wird und andererseits die gesellschaftlichen Widersprüche sich verschärfen, müssen wir uns auf ein größeres Ausmaß von Repression einstellen. Wichtig ist in diesem Zusammenhang auch, dass wir unsere Verbindungen mit Leuten außerhalb unseres unmittelbaren Umfelds vertiefen, damit wir im Fall der Fälle nicht allein dastehen. Oder, wie es das US-amerikanische anarchistische Kollektiv Crimethinc in einem seiner Texte ausdrückte: „Wenn du die herrschende Ordnung herausfordern willst, sorge dafür, dass dich auch deine Oma unterstützen wird, wenn du von Repression betroffen bist!“

Insgesamt war der 1. Mai auch dieses Jahr ein Höhepunkt der anarchistischen Aktivitäten in und um Dortmund. Es war ein schöner und ermutigender, aber auch anstrengender Tag für uns. Zuletzt wollen wir uns herzlich für die Unterstützung durch die anderen Gruppen und Kollektive bedanken, ohne die der Tag sicherlich nicht so erfolgreich verlaufen wäre. Insbesondere erwähnen möchten wir dabei das Black Pigeon Kollektiv sowie die Anarchistische Gruppe Essen und die Schwarze Ruhr Uni Bochum. Aber auch allen anderen zahlreichen Menschen und Gruppen, die jetzt hier nicht alle aufgeführt werden können, sei ein herzliches Dankeschön ausgesprochen.

Cafem #5: Schwarzer Feminismus – Grundlagentexte (Bell Hocks)

Cafem #5

Buchvorstellung: Schwarzer Feminismus am Beispiel Bell Hooks: Einführung in Theorien und Positionen

Am 20.06. um 19 Uhr im Black Pigeon (Scharnhorststraße 50, Dortmund)

»Bin ich etwa keine Frau*? Sehen Sie mich an! Sehen Sie sich meinen Arm an! Ich habe gepflügt, gepflanzt und die Ernte eingebracht, und kein Mann hat mir gesagt, was zu tun war! Bin ich etwa keine Frau*?« – Sojourner Truth, 1851
Als Sojourner Truth während ihrer Rede auf einem Frauenkongress in Akron, Ohio, die Frage stellte, ob sie denn keine Frau* sei, brachte sie eine Debatte ins Rollen, deren Ausmaß nicht abzusehen war. Sie hatte nämlich gleichermaßen weiße Frauen* für den Rassismus und Schwarze Männer für den Sexismus kritisiert, den sie Schwarzen Frauen* jeweils entgegenbrachten. Erst Ende des 20. Jahrhunderts, also fast 150 Jahre später, erhielt diese spezifische Form der Mehrfachdiskriminierung einen Namen. Es war Kimberlé Crenshaw, die 1989 den Begriff der ›Intersektionalität‹ prägte, der seitdem aus feministischen Diskursen nicht mehr wegzudenken ist.
Doch wie verliefen die Schwarzen feministischen Debatten bis dahin? Vor welchen Herausforderungen standen Schwarze Frauen*im Globalen Norden? Und was können wir heute von ihnen lernen? Der vorliegende Band dokumentiert die Kontinuität dieser feministischen intellektuellen Tradition anhand ausgewählter Texte von Sojourner Truth, Angela Davis, The Combahee River Collective, bell hooks, Audre Lorde, Barbara Smith, Kimberlé Crenshaw und Patricia Hill Collins. Sie erscheinen erstmals in deutscher Sprache und werden so einem breiteren Publikum zugänglich gemacht. Der Vortrag wird mit besonderem Fokus auf die Ideen und Theorien der Bell Hooks stattfinden.

Referentin: NATASHA A. KELLY
natashaakelly.com/